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Buchrezension: Kurt Albert – frei denken – frei klettern – frei sein

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„Ich habe Kurt wahrscheinlich nicht beeinflusst, er mich aber ganz sicher.“

Zitat aus dem Buch

Ein aussergewöhnliches Buch über einen aussergewöhnlichen Menschen. Persönlich, warmherzig und wehmütig. 

Das Buch beginnt mit dem Unvorstellbaren, mit dem was weder die Kletterwelt noch der Autor des Buches richtig fassen können: Kurts Tod. Im nächsten Kapitel dann Kurts Kindheit und Jugend. Bereits in der Berufswahl zeigt sich: Kurt ist eigenwillig und tut nur, worauf er Lust hat. Diese Kompromisslosigkeit begleitet ihn ein Leben lang. Kurt bleibt unabhängig und vor allem ein Kind.

Gegliedert ist das Buch in Kapitel; die Titel lauten zum Beispiel „Freundschaft“ oder „Rotpunkt“. Der Autor kannte Kurt persönlich, er hat die Texte zusammengetragen aus Notizen, Tagebüchern, Routenbüchern, Texten und dem Bildarchiv von Kurt.  Tom Dauer besuchte Kurts Kletterpartner, sprach mit ihnen über ihre Erinnerungen mit und an Kurt. Er selber verbrachte eine Zeit mit Kurt in Patagonien im Basislager. Kleine Mosaiksteine lockern den Text auf. Einige Stellen vermitteln Hintergrundwissen zu den Routen, Gebieten oder Klettergeschichten. 

Das Buch ist ein Schaufenster in die verschiedenen Abschnitte von Kurt Alberts Leben. Viel dreht sich ums Klettern, seine Routen, Expeditionen. Aber auch einiges um den Menschen Kurt, seinen Charakter, seinen Schalk und seine Lebenseinstellung. Tom Dauer beschreibt einfühlsam wie Kurt lebte und wie schwer es war, eine echte, tiefe Beziehung zu ihm aufzubauen; er hielt immer alle etwas auf Distanz. Aus Angst verletzt zu werden oder aus Angst vor Verpflichtungen, so ganz klar wird das nicht.

Tom Dauer erzählt chronologisch, ab und zu macht er einen Zeitsprung zu einem Thema, das sich wie ein roter Faden durch Kurts Leben zieht, wie die Musik. Aus Kurts Bildarchiv hat er sich reichlich bedient. Bekannte Bilder wie Kurt mit dem Bierkrug in Devil’s Crack, Bilder seiner zahlreichen Kletterreisen und immer wieder der „Seehundblick“ von Kurt, wie Tom Dauer ihn nennt. 

Buchrezension

Tom Dauer schreibt kurzweilig und packend, er textet Bilder in den Kopf des Lesers. Bei vielen Szenen fühlt man sich, als stünde man neben dem Sicherenden am Wandfuss. Tom Dauer lässt verschiedene Zeitzeugen zu Wort kommen und greift kritische Stimmen auf. Trotzdem ist immer klar: Tom Dauer schätzte und mochte Kurt als Mensch. Ganz objektiv ist das Buch nicht – doch gerade das macht es so lesenswert. Nach der Lektüre glaubte ich fast, Kurt Albert ein bisschen gekannt zu haben. Das Buch hinterlässt Lust auf mehr: auf mehr „Hotel Frankenjura“, auf die Geschichte von Kurts Gefährten wie Wolfgang Güllich. 
 
Feinfühlig und mit Blick fürs Detail gibt das Buch Einblick in das freie und ungewöhnliche Leben eines Kletterers, der den Sport stark beeinflusst hat, der sich aber nie von anderen beeinflussen liess. Gleichzeitig ist das Buch ein Kapitel der Geschichte des Sportkletterns. Ein tolles Buch für alle, die sich für die Anfänge des Sportkletterns interessieren, woher dieser „Rotpunkt“ nun genau kam; genauso für jene, die gerne Biografien von aussergewöhnlichen Menschen lesen. Denn das war Kurt Albert: ein ausserordentlicher Mensch. Frei und unabhängig wie ein Vogel, kompromisslos, was ihn manchmal aber auch einsam machte. Und vor allem ein grosses Kind. 

Angaben des Verlages

von Tom Dauer
Kurt Albert – frei denken – frei klettern – frei sein

336 Seiten, 107 farbige und 36 sw. Abb.; 15 x 22,5 cm, gebunden mit Schutzumschlag
Tyrolia-Verlag, Innsbruck-Wien 2020
ISBN 978-3-7022-3874-2
Auch als E-Book erhältlich: ISBN 978-3-7022-3897-1

Kurt Albert (1954–2010) war einer der größten und geistreichsten Kletterer und Bergsteiger aller Zeiten. In Nürnberg geboren, zählte er zu den Pionieren der internationalen Freikletterbewegung, die im Frankenjura eines ihrer Zentren hatte. Mit der Erfindung des Rotpunkts schrieb Kurt Albert Klettergeschichte. Sein scharfer Verstand, seine Offenheit gegenüber Menschen und Ideen, seine Abenteuerlust und sein Witz machten ihn zum Mittelpunkt einer sportlich-gesellschaftlichen Subkultur, deren Einflüsse weit über das Klettern und Bergsteigen selbst hinausgingen. Mit ihr veränderten sich auch Traditionen, Werte und Denkmuster, Klettern wurde zum Breitensport, dessen ökonomische und ästhetische Bedeutung heute in vielen Teilen der Gesellschaft deutlich sichtbar ist. Mit zahlreichen Erstbegehungen hinterließ Kurt Albert seine Spuren in den Bergen der Welt. Noch bemerkenswerter als seine alpinistischen Leistungen ist aber die Konsequenz, mit der er seinen Lebensstil über Jahrzehnten hinweg beibehielt.

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