Gritstone klettern in England

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Sandstein, Cracks und Kletterfinken für die Hände.

Vom Regen geformter Kalk, roter griffiger Gneis: wenn du das gewohnt bist, bekletterst du im Grit Neuland. Ich klettere schon einige Jahre, aber im Grit fühle ich mich wieder als Anfängerin. Ich habe null Ahnung: Bereits die englischen Schwierigkeitsbewertungen finde ich ziemlich kryptisch. Hard Very Severe 5a? Klingt spannend und sagt mir erst mal nicht viel. Das Buch erläutert: Dieser Grad sagt nicht nur aus, wie schwer die Züge sind, sondern auch, wie gut oder schlecht du die Route absichern kannst. Bohrhacken sind sehr verpönt in England und dementsprechend rar.

Materialschlacht

Behängt wie ein Christbaum klettere ich los. Mein Gurt zieht mich Richtung Boden und es klingelt und klimpert bei jeder Bewegung. Die Routen sind kurz, aber deswegen nicht weniger furchteinflössend, weshalb ich vorsichtshalber lieber zwei von den roten Friends an den Gurt hänge, und noch den grossen Gelben, oh und noch eine extra Schlinge für den Stand… Trad klettern ist eine Materialschlacht, beachtlich viel Zeit geht drauf fürs Ordnen und Sortieren nach Farbe der «Pieces», wie die Engländer so ein Stück mobiler Sicherheit nennen. Das spart später Zeit, Nerven und Kraft, wenn du mit gepumpten Armen auf den letzten dünnen Keil unter dir schielst und lieber noch schnell einen Friend in den Crack vor dir legen willst.

Jam that crack

Rissklettern hat es in sich. Meine ersten Handjams und Fistjams fühlen sich wackelig und instabil an. Meine Hand rutscht durch. Ich teste die Faust: hält besser. Du musst erst ein Gefühl dafür bekommen was hält, den verklemmten Fingern und verdrehten Füssen vertrauen lernen.

Gritstone Sandstein Klettern
Foto: Will Macnair

Trad klettern ist weit mehr als physisch anstrengend. Strategie ist gefragt: Wie breit ist dieser Crack? Keil oder Friend? Offset oder normaler Wire? Welche Grösse? Spare ich mir den blauen Friend für weiter oben? Verlängern? Wo ist das nächste gute Placement? Wie weit würde ich fallen? Wie gut ist meine letzte Sicherung? Trad klettern macht gerade deshalb soviel Spass, weil es Kopf und Bizeps beansprucht. Ich spüre eine viel intensivere Verbindung zum Fels. Statt den Bohrhacken folgt man den Rissen und Crimps, den Schwachstellen, da wo die Griffe und Tritte sind. Von weitem sah der Fels rutschig und glatt aus, doch der erste Fusskontakt überrascht positiv: der Fels ist körnig und super griffig. Man klettert an vielen Auflegern und Kanten, der Fels wurde vor Millionen Jahren geschichtet, die Schwachschicht wurde ausgespült und bietet nun Händen oder Gear Platz.

 

Andere Länder, andere Sicherung

Die Briten sichern den Nachsteiger auf Körper, man hängt im Nachstieg also wortwörtlich am Gurt des Vorsteigers. Dieser wiederum hängt an einem der riesigen Blöcke, die hier oben überall herumliegen. Etwas gewöhnungsbedürftig… So richtig sorglos klettere ich hier auch im Nachstieg nicht – und hoffe, dass mein Nachsteiger nicht fällt.

Lange Bandschlingen (240 oder noch mehr) sind von grossem Nutzen für den Standbau und werden oft verwendet. Ebenso die Crack Gloves. Der Vorteil der Crack Gloves gegenüber getapten Händen: Die Fläche auf dem Handrücken besteht aus Vibram. Man hat dank der Handschuhe also vier Füsse…

Für Regentage in England

Vielleicht ist es nur ein Klischee, doch es regnete tatsächlich oft… Kurz ausharren lohnt sich, der Fels trocknet schnell und man kann wieder klettern. Falls es zu Nass ist: Awesome Walls, eine richtig coole Kletterhalle in Sheffield. Die Halle befindet sich in einem alten Stahlindustriegebäude. Wortwörtlich cool, geheizt wird hier nicht (wer das Minimum in Zürich kennt, weiss wovon ich spreche), dafür herrscht entspannte freundliche Atmosphäre. Die Routen sind technisch geschraubt und kurzweilig.

Ein Besuch in der Thornbridge Brewery: Die Brauerei bietet Führungen an, natürlich kann man auch degustieren… Richtig feinen Pub Food gibt es im Packhorse Inn in Bakewell. Ein echt traditionelles English Pub, mit Kamin und gutem Bier.

Gear nachrüsten: im Outside Climbingstore. Risshandschuhe, Offset-Nuts, Hexentrics oder ein Friend in der Grösse meines Kopfes…

Viel zu schnell heisst es Bye bye Grit. Ich komme wieder!

Foto: Will Macnair

Typisch Grit
Grandioser Sandstein, Cracks, entspannte Atmosphäre und herzliche Kletterer

Toller Sektor
Stanage Popular, für jeden etwas dabei

Wann waren wir da
Ideale Saison ist (laut locals) der Mai

Kletterführer

Fotos: Will Macnair und Felix Goldschmidt

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