Aiguille Purtscheller, ein Traum aus Granit

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Allein hängen wir über der Haute-Route von Chamonix ins Wallis. Unter uns herrscht reger Verkehr, die Haute Route ist beliebt. Landschaftlich zwar sehr eindrucksvoll und schön, ziehen wir trotzdem interessante Kletterei dem Gletschertrekking auf der Autobahn vor…

Bei Sonnenaufgang sind wir am Bergschrund. Im Mondlicht ging es vorher ohne Stirnlampe und Steigeisen über den Gletscherkessel von der Cabane du Trient Richtung Felszacken der Aiguille du Purtscheller. Im wunderschönen Morgenlicht heisst es dann das erste mal die Hände aus den Hosentaschen nehmen – der Bergschrund ist ziemlich weit offen und wir müssen eine geeignete Stelle suchen, um uns rüber zu schleichen. Die Brücke ist natürlich nicht da, wo der Übergang einfach zu klettern wäre… Den Einstieg finden wir danach dafür leicht und los geht es in bestem Granit! Gar nicht so einfach, die erste steile Platte mit eiskalten Händen, da sind dann doch ein paar ganz feine Trittchen und Leistchen.. Ich freue mich, dass der erste Stand auf der Sonnenseite des Grates ist!

Ganz allein geniessen wir die wunderschöne Kletterei in bestem Fels. Windstill und in der Sonne ist es angenehm warm, wir können alles ohne Handschuhe klettern (zum Glück, so einfach ist es dann wirklich nicht!). Nach der 2. Seillänge hocke ich auf einem Felszacken, ziemlich unbequem. Von hier muss man abseilen um weiter zu kommen. Zur Sicherheit hängen wir noch eine weitere Reepschnur zu den sieben anderen, die schon da sind. Leider weiss man ja nie so genau, was die schon so alles erlebt haben…

Nach der dritten Seillänge entscheiden wir uns dann für die Oldschool-Variante. Der Riss bietet sich an und die alte Route erscheint logisch. Da gibt’s zwei, drei luftige Züge, piatzen und nicht zaudern ist gefragt, man muss schon mal zupacken. Aber die Zacken bieten dafür riesen Henkel und eigenen sich hervorragend für einige Zackenschlingen.

Dann weiter durch einen Kamin, wo ich fast steckenbleibe wegen dem Rucksack, über zwei Klemmblöcke hoch. Ab hier gibt’s einige Möglichkeiten für die Routenführung, wie die zahlreichen alten Schlaghacken und Schlingen beweisen. Ich nehme einfach die, die mir logisch erscheint. Von unten hat es auf jeden Fall einfach ausgesehen… Und schon stehe ich auf dem Gipfel! Hier oben weht ein anderer Wind! Kalt zieht es uns von der Schattenseite her um die Ohren. Wir geniessen darum nur kurz die grandiose Aussicht auf die umliegenden Granitzacken und die Aiguille du Tour nebenan. Diese ist höher und bekommt daher das ganze Publikum ab… Und dann schnell abseilen. Auch hier, die Qual der Wahl, wir nehmen mal den Stand ganz nördlich. Ich fluche eh schon, weil sich das Seil überall verheddert. Und dann komme ich zum Stand – und beim besten Willen nicht an diesen ran! Ich muss auf einer vereisten Platte stehen, kann mich nirgends festhalten und bin schlicht und einfach zu klein! Zum Glück ist mein Seilpartner fast zwei Meter gross – wahrscheinlich etwa gleich gross, wie der Schlaumeier, der diesen Stand gebohrt hat! Ich kapituliere, setze mich hin und warte. Mein Seilpartner kommt gerade so ran, aber zum Glück entdecken wir dann einen zweiten, besser erreichbaren Stand, und von da geht’s schnell runter auf den Gletscher.

Die Steigeisen haben wir vergebens eingepackt, aber man weiss schliesslich nie. Wir können ganz einfach auf dem Gletscher bis unter die Ornyhütte laufen und so den mühsamen Hüttenzustieg zur Cabane du Trient einfach umgehen. Schnell sind wir so wieder bei der Bahn und unten am schönen See in Champex.

Aiguille du Purtscheller – eine feine Felstour der Extraklasse, bester Fels, ohne Leute dafür mit grandiosem Panorama!

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