No risk no fun, Risiko ist Kult. Sich in Lebensgefahr zu bringen ist ziemlich geil, ist doch so oder?! Ich war am Banff Outdoor Filmfestival und ging mit ein paar offenen Fragen nach Hause. Insgesamt war das Festival cool und unterhaltsam. Zwei Filme haben aber einen etwas schalen Nachgeschmack hinterlassen und mich zum Nachdenken angeregt. Ich habe die Frage auch mit meinen Bergsteigerfreunden diskutiert. Ist es cool, wenn man sich gezielt und vorsätzlich in möglichst grosse Gefahr bringt, weil es ja lustig ist und medienwirksam? Gibt super Filmmaterial her und ist ja mal was anderes, sich komplett zum Affen zu machen für das Filmpublikum. Risiko wird nicht ernst genommen und Pannen als lustige Pointen inszeniert.
Einer der Filme zeigte einen Kletterer, der nach einem Unfall halbseitig gelähmt ist und seither versucht, sein Leben wieder zusammen zu fügen. Da stellt sich mir die Frage, ob es ein Film und ein bisschen Prestige Wert sind, seine Gesundheit oder gar sein Leben zu riskieren? Werden diese Risiken unbewusst eingegangen oder ist es eine bewusste Entscheidung? Würden auch ohne Kamerateam solche Risiken eingehen oder ist es nur für den Film? Der Trend schneller, höher, schwieriger und krasser ist schon länger zu beobachten. Ich frage mich nur, wie viel denn überhaupt noch geht. Denn schneller bedeutet oft auch mehr Risiko, weniger Sicherheit. Wie viel Risiko sind Bergsteiger bereit, auf sich zu nehmen, um einen neuen Rekord zu schlagen, für ein bisschen Ruhm und Ehre, um irgendwo als Rekordhalter zu erwähnt zu werden – bis der nächste kommt, der bereit ist, noch höhere Risiken einzugehen und den Rekord schlägt. Ist der Preis nicht etwas zu hoch? Das Leben ist kostbar und fragil. Lohnt es sich, die Gesundheit, die schlussendlich ja Freiheit bedeutet, aufs Spiel zu setzen? Ist es ein Gipfel Wert, ein Rekord, eine unbegangene Route? Vielleicht darf man sich diese Frage auch gar nicht stellen.
Schlussendlich ist die Antwort für jeden anders. Jeder hat ein anderes Risikoempfinden und ist zu mehr oder weniger bereit. Den Meisten ist vielleicht gar nicht bewusst, wie viel sie da aufs Spiel setzen. Man klettert schwierige Routen, schafft Dinge, die man nicht für möglich gehalten hätte und fühlt sich danach unsterblich. Man denkt eben einfach nicht daran, dass es schief gehen könnte. Wenn man nur daran denkt blockiert es einen. Unfälle haben nur die anderen, ich ja sicher nicht. Oft ist es auch die Situation, der Moment. Man ist vielleicht schon weit gekommen, es sind nur noch lächerliche hundert Meter zum Gipfel, oder es ist schon der dritte Versuch an diesem Berg und man hat echt einfach keine Lust da nochmals hier her zu kommen.
Eine unbequeme Frage, das weiss ich, mitunter sehr emotional, ich habe auch schon Tourenpartner verloren, weil das Risikoempfinden nicht übereingestimmt hat. Die richtige Antwort gibt es nicht auf diese Frage. Aber ich finde Auseinandersetzung damit ist wichtig, darum stelle ich sie mal wieder in den Raum.